Ein Praktikum an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) während der Corona-Pandemie zu absolvieren, und das im Home-Office, birgt viele Chancen, aber auch Schwierigkeiten. Diese Zusammenarbeitent stand im Rahmen des Forschungsprojekts „Deep Artifact Suppressor" der Beuth-Forschungsgruppe „voxels.Berlin".

Zu Beginn der Pandemie, im ersten Onlinesemester, kam ich in Kontakt mit der Forschungsgruppe voxels. Berlin. Diese Gruppe arbeitet mit vielen verschiedenen Partnern aus Forschung und Wirtschaft an Themen der automatischen Segmentierung und Bildinterpretation multidimensionaler Daten zusammen.
Im Projekt DeepArtifactSuppressor wird gemeinsam mit der BAM an einer Kl-gestützten Möglichkeit geforscht, physikalische Artefakte in CT-Bildern zu unterdrücken. Die BAM ist eine wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde, deren Ziel es ist, den Schutz von Menschen und Umwelt in Technik und Chemie zu gewährleisten bzw. zu verbessern.
Im Rahmen der Mitarbeit an dem genannten Forschungsprojekt wurde mir schnell klar, dass ich mein Praktikum in diesem Bereich absolvieren möchte. Zum einen um meine Kenntnisse in radiologischen Verfahren zu vertiefen, zum anderen, weil sich hier die ideale Gelegenheit für ein spannendes Arbeiten mit eigener forschender Tätigkeit bot. Doch wie gestaltet sich ein Praktikum in einer Zeit, in der Präsenz am Praktikumsplatz nicht möglich ist?

Der Weg zum virtuellen Praktikum

Als klar war, dass das Sommersemester 2020 online stattfinden würde, stellte dies sowohl Studierende als auch Lehrende vor bislang ungekannte Herausforderungen. Die Online-Lehre veränderte nicht nur die Art und Weise, wie Vorlesungen und Labore gestaltet wurden, es musste auch ein Umdenken aller Beteiligten zur Anpassung an das neue Format stattfinden. Meine Art zu lernen und zu arbeiten hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie sehr verändert. Während vorher mein Unialltag durch die Termine der Vorlesungen und Labore strukturiert wurde, musste ich während der Pandemie lernen, selbst dafür Sorge zu tragen, meinen Arbeitstag zu organisieren. Ich war damals im vierten Semester und es war bereits absehbar, dass sich die Situation wohl nicht allzu bald wieder ändern würde. Daher beschäftigte mich auch zunehmend die Frage, ob es möglich wäre, einen Praktikumsplatz während der Pandemie zu finden. Wie würde sich meine Arbeit dann gestalten? Wäre es trotzdem möglich, praktische Erfahrungen zu sammeln, neue Erkenntnisse zu gewinnen und einen persönlichen Kontakt zu gewährleisten? Während ich noch darüber nachdachte, zeigte sich, dass eine neue und für alle ungewohnte Situation nicht nur Schwierigkeiten und Hürden, sondern auch Chancen mit sich bringt. So kam ich durch die Arbeit in einem Online-Modul in Kontakt mit der voxels-Gruppe und ihren Forschungsprojekten. Schnell wurde klar, welchem Projekt mein besonderes Interesse galt und welcher Praktikumsplatz sich besonders dafür eignen würde. Nach den ersten Planungen waren alle Beteiligten, einschließlich ich selbst, sich einig, dass es nicht nur möglich sein würde, ein Praktikum während der Pandemie zu absolvieren, sondern dass es einem normalen Praktikum in nichts nachstehen würde. Nun galt es zunächst die Rahmenbedingungen abzustecken und die Aufgaben so umzugestalten, dass ein erfolgreiches Arbeiten auch ohne Präsenz möglich sein würde.

Aufgaben: Auf den ersten Blick ganz anders, im Kern aber gar nicht so verschieden

Die Arbeit im Projekt DeepArtifactSuppressor beschäftigt sich - wie bereits erwähnt - mit der Unterdrückung von durch physikalische Effekte aufgetretenen Artefakten in CT-Bildern mithilfe neuronaler Netze, also quasi das, was man üblicherweise unter dem Stichwort „Künstlicher Intelligenz" (KI) versteht. Um Artefakte mithilfe eines neuronalen Netzes zu unterdrücken, muss dieses in die Lage versetzt werden, ein Bild mit Artefakten in ein Bild ohne Artefakte umwandeln zu können. Um dies zu ermöglichen, muss das Netz trainiert werden, und zwar mit jeder Menge Bildpaare (also jeweils das gleiche Bild, nur einmal mit und einmal ohne Bildfehler). Doch wie gelangt man an diese Bildpaare? Hier verfügt die BAM über ein essenzielles Werkzeug, die Simulationssoftware aRTist. Mit dieser Software ist es möglich, künstlich erzeugte CT-Bilder von vorher entworfenen Objekten zu erzeugen. Mit den so entstehenden Datensätzen kann eine Kl darauf trainiert werden, Artefakte in Bildern zu erkennen und die Bildqualität dadurch zu verbessern.
Ein Teil meiner Arbeit bestand daher darin mich mit der Bedienung von aRTist auseinanderzusetzten. Dafür erzeugte ich aus diversen vorgegebenen 3D-Objekten simulierte CT-Bilder, welche für das spätere Training der Kl benutzt werden konnten. Des Weiteren galt es zu verstehen, wie ein neuronales Netz überhaupt arbeitet.

Im Studium werden die Grundkenntnisse im Programmieren gelehrt, allerdings geht das Arbeiten mit neuronalen Netzten doch um einiges darüber hinaus. Daher bestand ein großer Teil meiner Arbeit darin, mich mit den Grundlagen des maschinellen Lernens vertraut zu machen. Dies geschah zum einen durch die Unterstützung eines Dozenten, zum anderen aber auch viel durch Selbststudium (womit wir wieder beim Thema Home-Office wären). Diese zwei Aufgabengebiete deckten nun schon sowohl praktische Erfahrung als auch neue Kenntnisse ab. Aber wie stand es während des Praktikums jetzt mit dem persönlichen Kontakt?

Hier war aus meiner Sicht die größte Anpassung gegenüber einem Präsenzpraktikum erforderlich, denn ein persönlicher Kontakt war leider nicht möglich. Aber auch für dieses Problem wurden Lösungen gefunden, um dieses so gut wie möglich zu kompensieren. Es fanden regelmäßige virtuelle Treffen der Forschungsgruppe statt, auch ohne, dass es einen konkreten Anlass gegeben hätte. Hier wurden Probleme angesprochen und meistens auch sofort gelöst, aber auch Erfolge geteilt. Ich hatte zudem immer die Möglichkeit, per Mail oder telefonisch Kontakt zu meinen Betreuern aufzunehmen.

...und was bleibt?

Nach Ende meines Praktikums kann ich folgendes Fazit ziehen: Ein Praktikum im Home-Office ist in solch einer speziellen Zeit nicht nur möglich, sondern sogar sinnvoll. Es ist eine Herausforderung für alle Beteiligten und erfordert genaue Planung und viel Eigeninitiative. Neben dem Vertiefen bereits aus dem Studium bekannter Inhalte wie Programmieren oder Bildgebung und dem neu erlernten Wissen, habe ich vor allem gelernt, mich selbst besser zu organisieren und zu strukturieren. Die Möglichkeit, das eigene Zeitmanagement so zu gestalten, wie man selbst am effektivsten arbeitet, ist ein zusätzlicher und durchaus nicht zu unterschätzender Vorteil. Für mich steht der Erkenntnisgewinn am Ende dem eines normalen Praktikums in nichts nach. Ich bin sehr dankbar, dass es mir ermöglicht wurde, trotz der außergewöhnlichen Umstände, mein Praktikum bei der BAM zu absolvieren und möchte jeden ermutigen, sich den neuen Herausforderungen dieser Zeit zu stellen und sie darüber hinaus sogar zu nutzen, um daran zu wachsen.

aRTist Screenshot, Quelle: BAM, Fachbereich 8.5