Nuklearmedizin – was ist das?
Die Nuklearmedizin beschäftigt sich mit der Anwendung offener radioaktiver Stoffe am Menschen für die Diagnostik und die Therapie. In der nuklearmedizinischen Diagnostik geht es darum Entzündungen oder maligne oder benigne Tumore sichtbar zu machen und diese in der Therapie zu behandeln.
Um die zu untersuchende Region im Körper sichtbar machen zu können, muss dem Patienten ein radioaktives Medikament (Gammastrahler) verabreicht werden. Die Sichtbarmachung der Region erfolgt mit Hilfe von Gammakameras mit ein, zwei oder drei Detektoren, auch Kameraköpfe genannt. Die Bilder können zweidimensional sein (Szinigraphie) oder in Schnittbildtechnik dreidimensional dargestellt werden (Single Photon Emission Counting Tomography – SPECT).
Das diagnostische Spektrum umfasst Lungenperfusions-, Lungenventilation-, Myokard-, Nierenfunktions-, Schilddrüsenfunktions- und Skelettszintigraphie und die Wächter-Lymphknoten-Diagnostik. Als Nuklid wird Technetium-99m verwendet mit jeweils einem entsprechenden Tracer, damit es sich organ- oder funktionsspezifisch bindet. Um spezifische Regionen im Körper behandeln zu können, wird dem Patienten ebenfalls ein Radionuklid verabreicht. Im Gegensatz zur Diagnostik werden hier jedoch langlebigere Alpha- oder Betastrahler verwendet.
Die Therapien umfassen die Behandlung von der Schilddrüse mit einer Radiojodtherapie mit Iod-131, der Prostata mit Lutetium-177 (PSMA), des Nervensystems und des Verdauungssystems mit Lutetium-177 (PRRT) und der Leber mit Holmium-166 oder Yttrium-90 während einer SIRT. Auch der Therapieerfolg wird bildlich festgehalten.
Was ist ein Medizinphysikexperte?
Das Strahlenschutzgesetz definiert in § 5 (24) wie folgt: Eine Person mit Masterabschluss in medizinischer Physik (…) die jeweils die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz besitzt.
Wie wird man Medizinphysikexperte?
Neben dem Bachelor- und konsekutiven Maserabschluss in Physikalischer Technik - Medizinphysik an der Beuth Hochschule sind ein mindestens zwölfmonatiges Praktikum in einer Klinik sowie zwei Kurse im Strahlenschutz erforderlich. Der Grundkurs im Strahlenschutz kann an der Beuth Hochschule erworben werden, für den Spezialkurs muss eine spezielle Kursstätte besucht werden. Die Fachkunde im Strahlenschutz kann innerhalb der Anwendungsgebiete Strahlentherapie, Nuklearmedizin oder Röntgendiagnostik erworben werden.
Was sind überhaupt die Aufgaben eines Medizinphysikexperten?
Die Aufgaben eines MPE‘s bestehen laut §132 Strahlenschutzverordnung beispielsweise aus:
- Qualitätssicherung bei der Planung und Durchführung von Anwendungen radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung am Menschen einschließlich der physikalisch-technischen Qualitätssicherung
- Die physikalisch-technische Qualitätskontrolle an Messgeräten wird täglich, wöchentlich und halbjährlich jeweils unter Betrachtung verschiedener Parameter durchgeführt: Die tägliche Qualitätskontrolle an einem SPECT-CT beinhaltet unter anderem den Checkup. Hier wird zunächst die Gantry auf Betriebstemperaturen gebracht und Checks der Röntgenröhre und des Detektors durchgeführt. Im Anschluss wird mit einem Phantom die Bildqualität, darunter die Homogenität und das Rauschen, überprüft. Zuletzt erfolgt noch die Kontrolle der Gammerkameras. Hierfür wird Tc-99m mit einer Aktivität von mindestens 80 MBq benötigt, um den Peak zu überprüfen. Im Anschluss wird ohne die Aktivität der Untergrund gemessen.
- Auswahl der einzusetzenden Ausrüstungen, Geräte und Vorrichtungen
- Es soll ein neues Dosisleistungsmessgerät beschafft werden. Der MPE prüft die Güteparameter (z.B. Messgenauigkeit, Handhabbarkeit, Wartungsangebot) verschiedener Anbieter, um eine Empfehlung aussprechen zu können.
- Überwachung der Exposition von Personen, an denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung angewendet werden
- Bei der Schilddrüsentherapie mit Radiojod bestimmt der MPE die zu verabreichende Aktivität aus den Organparametern und der verordneten Dosis. Bei der Applikation muss der MPE anwesend sein und während der Therapie überwacht er die Zielorgandosis.
- Überwachung der Einhaltung der diagnostischen Referenzwerte
- Durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sind für die Diagnostik untersuchungsspezifischen Referenzwerte bezüglich der Aktivitäten der verwendeten Nuklide benannt. Kommt es zu Abweichungen, muss der MPE die Gründe der Überschreitung überprüfen und mit den Kollegen Optimierungsstrategien entwerfen.
- Untersuchung von Vorkommnissen
- Vorkommnisse sind definiert als Abweichungen vom Normalbetrieb. Tritt eine solche Abweichung auf, wird diese durch den MPE eingeschätzt und ggf. sprechende Maßnahmen eingeleitet.
- Durchführung der Risikoanalyse für Behandlungen
- MPE sind dazu verpflichtet für Arbeitsprozesse, bei denen ionisierende Strahlung für die Behandlung am Menschen eingesetzt wird, eine Risikoanalyse durchzuführen. Intern geschieht dies mithilfe des Konzeptes der Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA). Hier wird die Höhe der Risiken durch die Identifikation dieser in Flussdiagrammen mithilfe von Fragebögen analysiert und ausgewertet. So muss zum Beispiel auch für die Einführung eines neuen Radiopharmakons eine Risikoanalyse erstellt werden. Dies ist Teil meiner Bachelorarbeit.
- Unterweisung und Einweisung der bei der Anwendung tätigen Personen
- Vor Arbeitsaufnahme und danach müssen alle Mitarbeiter, die in der Nuklearmedizin tätig sind, jährlich eine Strahlenschutzunterweisung erhalten. Hierfür sind die MPE’s zuständig. Dabei werden die theoretischen Vorschriften mit praktischen Übungen verknüpft.
Beispiel: In einem Patientenzimmer wird am Boden ein Flüssigkeitsfleck vorgefunden. Was ist zu tun? Zum einen muss herausgefunden werden, ob die Flüssigkeit radioaktiv ist. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass nicht einfach mit einem Kontaminationsmessgerät geprüft werden kann, wenn sich der Patient im Raum befindet, da dieser auch eine radioaktive Quelle ist und somit das Messergebnis bezüglich des Fleckes verfälscht. Hier empfiehlt sich eine Wischprobe.
Lerninhalte des Studiums
Die Arbeit eines MPE ist sehr vielfältig, wodurch auch viele Studieninhalte ihre Anwendung innerhalb der täglichen Arbeit eines MPE finden.
- Nuklearmedizin und Strahlenschutz, Atom- und Kernphysik und Medizinische Messtechnik 1
- Erlernung der Grundlagen und Inhalte der Nuklearmedizin
- Radiologie und Dosimetrie und Strahlenschutzrecht
- Umgang mit dem Strahlenschutzgesetz, der Strahlenschutzverordnung, Normen und Empfehlungen
- Bildgebung und Verarbeitung
- Verständnis der Bildentstehung
- Physiologie
- Kenntnis von Anatomie und Körperfunktionen zum Verständnis der Therapien und der angefertigten Aufnahmen
- Messtechnische Module
- Grundlegendes Verständnis der Messtechnik und Signalverarbeitung, um eigene Messmethoden zu entwickeln